Tanja Schwamberger, München
Oropouche-Fieber
Das Oropouche-Fieber (OF) ist eine durch Vektoren übertragene Virusinfektion, verursacht durch das Oropouche-Virus (OROV), das zur Gattung der Orthobunyaviren gehört. Benannt wurde das Virus nach dem Fluss Oropouche in Trinidad. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch Stiche infizierter Insekten, insbesondere durch die Gnitze Culicoides paraensis (siehe Kasten). Auch andere Mücken, beispielsweise Arten der Gattung Culex, können als Überträger fungieren. Eine Ausbreitung in Deutschland und Europa wird derzeit als äußerst unwahrscheinlich betrachtet, da die übertragenden Insekten in diesen Regionen nicht heimisch sind. Als Reservoir dienen unter anderem Affen, Faultiere und Vögel, wobei der Mensch im Rahmen von Ausbrüchen das wichtigste Reservoir darstellt. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung war bislang nicht nachgewiesen. Im August 2024 wurde nun in Brasilien der erste Fall einer vertikalen Übertragung während der Schwangerschaft bestätigt, der mit einem fetalen Todesfall endete. Weitere mögliche Fälle vertikaler Übertragungen werden derzeit untersucht.
© CDC 1.8.2024
Epidemiologie
Der
erste Ausbruch des Oropouche-Fiebers (OF) in Südamerika wurde in den
1950er-Jahren beschrieben. Mittlerweile hat sich das Virus vor allem
in Brasilien, insbesondere im Amazonas-Gebiet, ausgebreitet.
Innerhalb der letzten 12 Monate wurden ebenfalls autochthone Fälle
aus Bolivien, Peru, Kolumbien und Kuba gemeldet. In
Brasilien
gehört OF mittlerweile zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Im
laufenden Jahr wurden 7.200 Fälle registriert.
Im Juni 2024 wurden die ersten Fälle in Europa bei Reiserückkehrern aus Kuba bekannt. Mittlerweile wurden auch in Deutschland zwei Fälle dokumentiert, beide Betroffenen hatten sich auf Kuba infiziert.
Vektor Gnitzen
Gnitzen oder Bartmücken (Ceratopogonidae) sind sehr kleine (1 bis 4 mm), meist blutsaugende Mücken in der Ordnung der Zweiflügler. Weltweit existieren etwa 4.000 Arten, von denen über 190 in Deutschland beschrieben sind. Bislang ist die Oropouche-Viren-übertragende Gnitze Culicoides paraensis in Europa jedoch nicht heimisch.
Oropouche-Fieber THN nach Ländern© Photo: WIKI
Klinik
Das
klinische Bild des Oropouche-Fiebers ähnelt dem vieler anderer
viraler Erkrankungen, wie beispielsweise dem Dengue-Fieber. Die
Inkubationszeit beträgt 4 bis 8 Tage. Die Symptomatik umfasst in der
Regel Fieber, Schüttelfrost, Kopf-, Glieder- und Gelenkschmerzen.
Gelegentlich treten auch Übelkeit und Erbrechen sowie ein
makulopapulöses Exanthem auf. In seltenen Fällen kann es zu
einer Meningitis oder Meningoenzephalitis kommen. Meist verläuft die
Erkrankung mild und heilt spontan innerhalb von 3 bis 5 Tagen ab. Die
Rekonvaleszenz kann jedoch protrahiert verlaufen und mehrere Wochen
andauern. Im Juli 2024 starben in Brasilien weltweit erstmals zwei
junge Frauen an Oropouche-Fieber.
Diagnostik
Die Diagnose wird anhand der Serum-PCR oder des serologischen Nachweises von spezifischen IgG- und IgM-Antikörpern gegen das Oropouche-Virus gestellt. Zuvor sollte eine Infektion mit dem Dengue-, Chikungunya- sowie Zika-Virus ausgeschlossen werden. Bei entsprechendem Verdacht können Proben an das Bernhard Nocht-Institut eingesandt werden.
Therapie
Eine spezifische antivirale Therapie für das Oropouche-Fieber existiert derzeit nicht. Die Behandlung konzentriert sich daher auf symptomatische Maßnahmen, die insbesondere Analgesie und Antipyrese sowie eine adäquate Volumensubstitution umfassen.
Prävention
© Pixabay.com
Bislang ist kein Impfstoff gegen das Oropouche-Fieber verfügbar. Das Robert Koch-Institut rät Reisenden in Endemiegebiete zu konsequentem Mückenschutz, was in tropischen Gebieten generell ratsam ist, da auch viele andere Erkrankungen wie Malaria und Dengue durch Mückenstiche übertragen werden.
Neben langer, heller Kleidung sollten Repellentien mit dem Inhaltsstoff DEET in 30–50%iger Dosierung oder Icaridin mit >20%iger Dosierung angewandt werden. Herkömmliche Moskitonetze sind zum Schutz vor Gnitzen nicht geeignet, da diese kleiner sind als Mücken.
Insbesondere Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch sollten nach den neuesten Erkenntnissen in der Reisesprechstunde sorgfältig über die Risiken einer OROV-Infektion (mögliches Risiko einer Fehlgeburt, fetale Missbildungen bis hin zum fetalen Tod) aufgeklärt werden und nach Möglichkeit auf Reisen in Risikogebiete verzichten.