HIV und Lipide

Wer mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) infiziert ist, hat heute dank moderner Medikamente meist bessere Überlebenschancen als in den 1980er-Jahren: Durch die antiretrovirale Therapie (ART) hat sich eine HIV-Infektion von einer meist tödlichen Erkrankung zu einer chronischen Krankheit mit normaler Lebenserwartung gewandelt. Heute sind Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufsystems häufiger die Todesursache bei HIV-Infizierten als das Acquired Immune Deficiency Syndrome (AIDS).

HIV-Betroffene haben ein fast doppelt so hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten wie Nicht-Infizierte. Dabei spielen auch Veränderungen der Blutfettwerte wie z. B. eine Erhöhung der Cholesterin- und Triglyzeridwerte eine wichtige Rolle. Zu der Entstehung einer Lipidstoffwechselstörung können der Lebensstil, die genetische Veranlagung und verschiedene Krankheiten wie auch HIV beitragen.

Aber auch die HIV-Therapie kann die Blutfettwerte beeinflussen. Unter manchen Wirkstoffen ist eine Erhöhung der Blutfettwerte häufig. Wenn der Lipidhaushalt und der Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht geraten sind, kann es in manchen Fällen sinnvoll sein, die Medikation umzustellen. In jedem Fall ist es wichtig, dass die HIV-Therapie nicht eigenmächtig unterbrochen oder gar abgesetzt wird. Eine regelmäßige und dauerhafte Anwendung der antiretroviralen Medikation ist der Schlüssel für den Behandlungserfolg.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

HIV-Betroffene sollten ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur Vorbeugung regelmäßig untersuchen lassen. Dies sollte bei der Diagnose, vor Beginn einer HIV-Therapie und danach alle 2 Jahre bei HIV-infizierten Männern über 40 Jahren und Frauen über 50 Jahren geschehen. Ihr Arzt betrachtet dann folgende Faktoren, um das Risiko für ein tödlich verlaufendes Herz-Kreislauf-Ereignis in den nächsten 10 Jahren abzuschätzen:

  • Alter
  • Geschlecht
  • Raucher oder Nichtraucher
  • Blutdruck
  • Gesamtcholesterin-Wert
  • gesundheitliche Beeinträchtigungen, z. B. Adipositas, chronische Nierenerkrankung und eine HIV-Infektion

Manche dieser Risikofaktoren können Sie durch Ihren Lebensstil selbst beeinflussen.

Die Empfehlungen zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen lauten:

  • Verzichten Sie auf Tabakwaren jeglicher Art.
  • Stellen Sie Ihre Ernährung um. Achten Sie bevorzugt auf Vollkornprodukte, Gemüse, Obst
  • und Fisch und insgesamt auf einen niedrigen Gehalt an gesättigten Fettsäuren.
  • Steigern Sie Ihr Bewegungspensum. Sorgen Sie für 3,5 bis 7 Stunden mittelschwere körperliche Aktivität pro Woche oder 30 bis 60 Minuten an den meisten Tagen.
  • Achten Sie auf Ihr Körpergewicht. Ratsam ist ein Body Mass Index (BMI) von 20 bis 25 kg/m² und ein Taillenumfang von unter 94 cm bei Männern und unter 80 cm bei Frauen.
  • Geben Sie auf Ihren Blutdruck acht. Er sollte unter 140/90 mmHg betragen.

Bleibt Ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen trotz Änderungen Ihrer Lebensgewohnheiten hoch, wird Ihr Arzt möglicherweise eine Umstellung der HIV-Therapie und/oder eine unterstützende Behandlung mit Medikamenten in Betracht ziehen, die die Blutfettwerte senken. Diese sogenannten Lipidsenker werden bei allen Personen mit Gefäßerkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 oder einem hohen Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung (auch unabhängig von den Blutfettwerten) empfohlen.

Kontrolltermine unter Lipidsenkern

Wer bereits eine Störung des Lipidstoffwechsels hat und deshalb eine lipidsenkende Therapie erhält, sollte ebenfalls regelmäßig die Blutfettwerte kontrollieren lassen, am besten 8 (± 4) Wochen nach Beginn der Behandlung bzw. einer Umstellung. Wenn sich die Blutfettwerte wie gewünscht gebessert haben, ist eine jährliche Nachkontrolle sinnvoll, falls nicht bereits vorher Beschwerden oder Probleme auftreten. In solch einem Fall sollten Sie immer direkt Ihren behandelnden Arzt kontaktieren!

Zusammenfassung

Bei guter Behandlung mit antiretroviraler Therapie können HIV-Betroffene mittlerweile die Lebenserwartung der Normalbevölkerung erreichen. Ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist jedoch höher als das der Allgemeinbevölkerung. Ein ungesunder Lebensstil, aber auch die HIV-Therapie können das Risiko zusätzlich negativ beeinflussen. Ihr Arzt wird daher ggf. eine Umstellung oder Ergänzung Ihrer Medikation vornehmen. Sie können zusätzlich selber einen wichtigen Beitrag leisten, indem Sie Ihre Lebensgewohnheiten entsprechend anpassen, z. B. nicht rauchen, sich gesund ernähren und viel bewegen!