Was brauchen Sexarbeiter*innen für ihre sexuelle Gesundheit?

Eine Studie der Deutschen Aidshilfe offenbart großes Interesse für sexuelle Gesundheit bei Sexarbeiter*innen,
die wichtige Rolle des ÖGD – und Informationsbedarf bezüglich PrEP.

Finanzielle und soziale Benachteiligung sowie Gewalt gefährden zunehmend die Gesundheit von Sexarbeiter*innen. Mit diesem Druck nimmt auch das Risiko von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) zu. Das ist ein zentrales Ergebnis der zweijährigen partizipativen Studie „Sexuelle Gesundheit und HIV/STI-Präventionsstrategien und -bedarfe von Sexarbeitenden“ der Deutschen Aidshilfe (DAH), gefördert vom Bundesgesundheitsministeriums (BMG).

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80 Sexarbeiter*innen aus 23 Herkunftsländern teilten in Gruppengesprächen ihre Erfahrungen mit, unter ihnen solche, die illegale Drogen konsumieren („Beschaffungsprostitution“), trans Menschen, Schwarze Menschen sowie Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen.

„Die meisten Studienteilnehmenden messen dem Thema sexuelle Gesundheit eine hohe Bedeutung bei und wünschen sich mehr Informationen, insbesondere zur HIV-Prophylaxe PrEP“, resümiert Studienleiterin Eléonore Willems. Fast die Hälfte hatte noch nichts von der medikamentösen Schutzmethode gewusst, viele hatten nur vage Kenntnisse.

Wichtige Rolle des Öffentlichen Gesundheitsdienstes

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD), insbesondere kostenlose und anonyme Untersuchungsangebote nach § 19 Infektionsschutzgesetz, spielen für Sexarbeiter*innen eine wichtige Rolle. Beratung und Testmöglichkeiten müssen aber vielerorts besser auf die Bedürfnisse von Sexarbeiter*innen abgestimmt werden. Gruppen wie trans Frauen, Drogen konsumierende Menschen oder migrantische junge Männer müssen stärker erreicht werden.

„Es ist unsere Aufgabe, unsere Angebote gut bekannt zu machen, auch zu Randzeiten und über das Internet sowie in verschiedenen Sprachen ansprechbar zu sein. Noch aktiver müssen wir die Beratung zur PrEP angehen und die Verschreibung einfach und ohne unnötige Hürden gestalten“, sagt Dr. Johanna Claass, Leiterin der Fachabteilung Sexuelle Gesundheit in der Sozialbehörde Hamburg sowie Mitglied im Projektbeirat der Studie.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Notwendigkeit, dass alle Menschen Zugang zur Krankenversicherung beziehungsweise bei Bedarf zur HIV-Therapie oder HIV-Prophylaxe bekommen, auch Menschen ohne
Aufenthaltspapiere.

Ausgrenzung reduzieren, Hilfsangebote ausbauen

Deutlich wurden zudem vier Faktoren, die sich schädlich auf die Gesundheit von Sexarbeiter*innen auswirken können: Gewalterfahrungen, finanzielle Not, psychische Belastungen, oft in Zusammenhang mit Stigmatisierung, sowie fehlende Legalität beziehungsweise die Angst vor Strafen.

„Wenn Menschen mit existenziellen Problemen kämpfen, erscheint Gesundheit zweitrangig. Zugleich drängen Kunden immer häufiger auf Kondomverzicht. Wir müssen Menschen in der Sexarbeit ganzheitlich stärken und Hilfsangebote ausbauen“, sagt Eléonore Willems.

„Durch Projekte von und für Sexarbeiter*innen und akzeptierende Arbeit kann die Gesundheit in unserer Community gefördert werden“, fügt Caspar Tate hinzu. Er ist Sexarbeiter, Peer-Berater bei trans*Sexworks und Peer-Forscher der Studie.

Unterstützen statt Verfolgen

Eines zeigt die Studie sehr deutlich: Drohende Bestrafung verdrängt Sexarbeiter*innen in unsichtbare und unsichere Bereiche, wo sie für Prävention und Hilfsangebote nicht mehr erreichbar sind. Dementsprechend sollten Sperrbezirke abgeschafft werden. Dringend notwendig sind mehr Sozialarbeit, Beratung und Raum für Selbsthilfe. Die Prävention muss auch Kunden einbeziehen und dabei auf Respekt, faire Preise, die Nutzung von Kondomen sowie Aufklärung zu HIV und Geschlechtskrankheiten zielen.

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