Interview mit Prof. Dr. Rika Draenert und Dr. Hartmut Stocker, Beirat der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (dgi) und Vorstand der Akademie für Infektionsmedizin

Infektiologie im Aufbruch Großes Weiter- und Fortbildungsangebot

Seit der Einführung des Facharztes für Infektiologie ist viel Bewegung in diesem Fach. Immer mehr junge Ärzt*innen interessieren sich für die Infektiologie. Wie viele Infektiolog*innen haben denn mittlerweile diesen Titel erworben?

Prof. Dr. Rika Draenert LMU Klinikum München
Prof. Dr. Rika Draenert
LMU Klinikum
München

Dr. Hartmut Stocker
Dr. Hartmut Stocker
St. Joseph Krankenhaus Berlin
© privat

Stocker: Das wüssten wir auch gerne (lacht). Die DGI versucht seit geraumer Zeit diese wichtige Zahl zu erheben, aber die Landesärztekammern halten sich bedeckt und geben uns keine Informationen. Ich schätze in Berlin gibt es etwa 30 Fachärzt*innen mit dem Titel Infektiologie.

Draenert: In Bayern sind es auch nicht viel mehr. Aber was wir sagen können: Es sind noch zu wenige.

Wie viele Infektiolog*innen braucht Deutschland denn?

Stocker: Der politische Wille hat die Leistungsgruppe Infektiologie geschaffen. Personalvoraussetzung für diese Leistungsgruppe ist mindestens – ich sage mindestens – eine Person mit dem Facharzt-Titel Infektiologie. Wenn also beispielsweise nur 20% der rund 1.800 Kliniken in Deutschland in die Leistungsgruppe wollen, dann sind das schon mindestens 360 Infektiolog*innen.

Der Bedarf ist also groß und das Interesse auch. Wie fördert die DGI den Weg zur Infektiologin, zum Infektiologen?

Draenert: Dafür tun wir als DGI über die Akademie für Infektionsmedizin sehr viel. Zum Beispiel hatten wir jetzt ein Programm für junge Ärztinnen und Ärzte, die den Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie machen wollen: wenn Kliniken neue Ausbildungsstellen schaffen, unterstützen wir dies mit einem Stipendium. Die staatliche Förderung von 40.000 € reicht nicht aus, um eine Ärztin/einen Arzt in Weiterbildung zu finanzieren. Die Akademie für Infektionsmedizin legt das fehlende Geld drauf...

Im Mai 2021 wurde die bundesweite Einführung eines Facharztes für Innere Medizin und Infektiologie beschlossen. Die Weiterbildungszeit beträgt sechs Jahre. Diese müssen an befugten Weiterbildungsstätten absolviert werden.

36 Monate in Innere Medizin und Infektiologie (davon können zum Kompetenzerwerb bis zu 6 Monate Weiterbildung in Hygiene und Umweltmedizin, Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie und/oder Öffentliches Gesundheitswesen angerechnet werden)

  • 24 Monate in der stationären Patientenversorgung
  • 24 Monate in mindestens zwei anderen Facharztkompetenzen des Gebiets Innere Medizin
  • 6 Monate in der Notfallaufnahme
  • 6 Monate in der Intensivmedizin

Stocker:… und bemüht sich gleichzeitig, dass die staatliche Förderung verlängert wird. Angesichts des hohen Bedarfs wäre es schon gut, wenn das Programm weiter liefe!

Draenert: Nicht zu vergessen sind auch unsere Kongress-Stipendien. Die Akademie für Infektionsmedizin finanziert jungen Kolleg*innen den Kongressbesuch der ESCMID global und als Gegenleistung berichten sie nachher in einem Online-Kurs über verschiedene Themen.

Die Akademie für Infektiologie bietet ja schon seit langem viele Möglichkeiten der Fortbildung…

Stocker: Richtig! Und wir haben das Programm noch deutlich erweitert. Seit Anfang des Jahres gibt es einmal im Monat den „Infektiologischen Mittwoch“, eine Fortbildung für junge InfektiologInnen. Dieses kostenlose Online-Angebot wird jeweils von einem DGI-Zentrum gestaltet. Es dauert eine Stunde und jeder kann teilnehmen.

Haben Sie schon Erfahrungen, wie das Angebot angenommen wird?

Draenert: Als ich an einem der ersten Termine teilgenommen habe, waren rund 270 Personen online. Das Angebot richtet sich primär an junge Kolleg*innen in der Weiterbildung, aber mein Eindruck war, dass auch viele erfahrene Infektiolog*innen aus Klinik und der niedergelassenen Praxis dabei waren. Es kommt also gut an…

Stocker:... und es wird auch weiterentwickelt werden. Eine Stunde Infektiologie ist wie eine Autobahn, man rauscht schnell durch, kann aber keine Details erkennen. Darum ist unser Plan, Abzweigungen zu schaffen und dann – um beim Bild zu bleiben – auf einem Parkplatz zu landen, auf dem beispielsweise ein Workshop zum Vertiefen des Themas angeboten wird.

Bleibt das bisherige Angebot der Akademie weiter bestehen?

Stocker: Es bleiben die bekannten „Organ-Kurse“ und „ABS-Kurse“ sowie die neuen „Erreger-Kurse“. Aber wir wollen auch hier noch weitergehen und planen „Syndrom-Kurse“, also beispielsweise ein Syndrom sieht aus wie eine Infektion, ist aber keine. Auch diese Kurse werden, anders als früher, zunehmend online angeboten.

Wie teuer sind die verschiedenen Angebote?

Draenert: Den „infektiologischen Mittwoch“ können wir kostenfrei anbieten. Die anderen Kurse sind kostenpflichtig, da wir uns in der Akademie für Infektionsmedizin grundsätzlich gegen eine Unterstützung durch die Pharmaindustrie entschieden haben. Die Kosten sind aber mit rund 300 € pro Kurs nicht sehr hoch.

Das ist ein überwältigend großes Angebot. Wo kann man sich einen Überblick verschaffen?

Draenert: Im Internet ist alles zu finden: auf den Webseiten der DGI und der Akademie für Infektionsmedizin.

Vielen Dank für das Gespräch





Ziele und Aktivitäten

Die Akademie für Infektionsmedizin e.V. konzipiert, veranstaltet und zertifiziert seit 2012 Fortbildungen mit dem Ziel der Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten, die für die Tätigkeit als Infektiologe in Klinik und/oder Praxis notwendig sind. Die zur Bewältigung von infektiologischen Problemen in der modernen Medizin erforderliche übergreifende Qualifikation bedarf einer strukturierten Fort- und Weiterbildung auf hohem Niveau und mit hoher Aktualität. Die Akademie für Infektionsmedizin arbeitet hier mit den im Bereich der Infektionsmedizin aktiven Fachgesellschaften, Institutionen und Verbänden zusammen.

Das Angebot der Akademie richtet sich primär an Ärzte in Weiterbildung, die den Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie oder auch die Zusatzbezeichnung Infektiologie anstreben.

Ziele und Aktivitäten

In Zusammenarbeit mit

Fachgesellschaften

Deutsche AIDS-Gesellschaft e.V.

Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM)

Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e.V.

Deutsche Tropenmedizinische Gesellschaft (DTG)

Gesellschaft für Virologie (GfV)

Verbände/Vereine

Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der
Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) e.V.

Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)




Ausgabe 1 - 2025Back

DGI Logo DSTIG Logo

Meldungen

Ältere Meldungen weiter

Diese Webseite bietet Informationen rund um das Thema Infektionen, Infektionskrankheiten, bakterielle Infektionen, virale Infektionen, Antibiotika, Virostatika, Infektionsschutz und Impfungen. Die aktuellen Informationen aus Medizin und Industrie richten sich an Infektiologinnen und Infektiologen, an Ärztinnen und Ärzte mit Interesse an Infektiologie.