Konsiliarlabor für Treponema Diagnostik der Syphilis

Labordiagnostik der Syphilis

Natürlicher Wirt des Syphiliserregers Treponema pallidum ist der Mensch. Die Übertragung erfolgt nahezu ausschließlich bei direkten Sexualkontakten durch unmittelbaren Kontakt mit infektiösen Effloreszenzen des Primär- und Sekundärstadiums. In den erscheinungsfreien Phasen der Frühlatenz besteht aufgrund der geringen Zahl persistierender Erreger kaum ein Risiko bei Haut- oder Schleimhautkontakt, wohl aber auf dem Blutweg. Alle späteren Infektionsstadien werden als nicht infektiös gegen die potentiell infektiösen Frühstadien  abgegrenzt.

Tränenflüssigkeit und Sperma spielen als Infektionsquelle keine Rolle. Bei oralen Kontakten (Küssen, Oralverkehr) kann der Erreger übertragen werden, wenn eine syphilitische Läsion in der Mundhöhe vorhanden ist. Ansonsten gilt auch Speichel als nicht infektiös.

Eine indirekte Erregerübertragung ist praktisch auszuschließen, da T. pallidum extrem empfindlich ist gegen alle Umwelteinflüsse, insbesondere auch gegen Temperaturschwankungen, Austrocknung oder Einwirkung von Detergentien.

Direkter Nachweis

Abb. 6  Treponema pallidum in der Dunkelfeldmikroskopie, gefärbt mittels Immunfluoreszenz-Technik Quelle: ©CDC/C.W. HubbardAbb. 6  Treponema pallidum in der Dunkelfeldmikroskopie, gefärbt mittels Immunfluoreszenz-Technik
Quelle: ©CDC/C.W. Hubbard

Der direkte Erregernachweis gelingt allgemein nur im Frühstadium der Syphilis aus dem Reizsekret der Primärläsion oder den Effloreszenzen des Sekundärstadiums mittels Dunkelfeldmikroskopie (Abb. 6). Die Untersuchung muss sofort nach der Materialentnahme erfolgen. Die Testauswertung setzt große praktische Erfahrung voraus. Nicht geeignet sind Proben aus dem Gastrointestinaltrakt oder der Mundhöhle.

Alternativ kann mittels Treponemen-PCR ein Watteträger-Abstrich (ohne Konservierungsstoffe) aus allen Körperregionen im Speziallabor untersucht werden. Jedoch ist der diagnostische Stellenwert dieser zeitaufwendigen und teuren Untersuchungstechnik nicht abschließend geklärt. Prinzipiell können auch Gewebeproben, Blut, Liquor cerebrospinalis oder Augenkammerwasser mit der Treponemen-PCR untersucht werden, jedoch sollte dies speziellen Fragestellungen vorbehalten werden. Wichtig ist zu beachten, dass kein direkter oder indirekter negativer Erregernachweis eine Syphilis ausschließt.

Methode der Wahl

Methode der Wahl zur Labordiagnose der Syphilis ist der Antikörpernachweis aus Vollblut oder Serum. Bei Verdacht auf Neurosyphilis und positivem Antikörperbefund im Serum müssen nachfolgend eine parallel entnommenen Serum- und Liquor-Probe untersucht werden. Da die Treponemenantikörper in Blut und Liquor sehr stabil sind, ist der Probenversand unproblematisch und entspricht der Vorgehensweise bei anderen serologischen Untersuchungen. Wichtig sind die ordnungsgemäße Probenbeschriftung,  Angaben zur aktuellen klinischen Fragestellung sowie ggf. auch zu Vorbefunden bzw. der Behandlungsanamnese. Dies ist für die Auswahl geeigneter Tests im Labor und vor allem auch für die Befundbewertung entscheidend.

Test Prinzip Sensitivität (%) Spezifität
%


Frühes Stadium Spätes Stadium
RPR-VDRL RPR = Rapid Plasma Reagin
VDRL = Venereal Disease Research Laboratory
Nachweis von Kardiolipin-
Antikörpern,
nicht erregerspezifisch, quantitativ
50-85 unbehandelt: 60-96
behandelt: 6
97
TPPA Treponema Pallidum Partikel-
A
gglutinations-Test;
erregerspezifisch, quantitativ
60-100 unbehandelt: 100
behandelt: 96
>99
IgG+IgM Suchtest T. pallidum spezifische IgG+IgM;
erregerspezifisch, semiquantitativ
98 unbehandelt: 100
behandelt: >98
>99
IgG Immunoblot T. pallidum spezifische IgG;
erregerspezifisch, qualitativ
95 99 >99
IgM Immunoblot T. pallidum spezifische IgM;
erregerspezifisch, qualitativ
90 unbehandelt:
64 -> 20
konnatal: 80
>99

Abb. 7  Serologische Tests

Das in Deutschland etablierte Konzept zur Stufendiagnostik bestehend aus Suchtest, Bestätigungstest und Tests zur Beurteilung der Krankheitsaktivität und ggf. Behandlungsbedürftigkeit hat sich in der Praxis seit vielen Jahren bewährt. Die etablierten  Suchtests zum Nachweis T. pallidum-spezifischer Gesamtantikörper (IgG/IgM) sind der Treponema pallidum-Partikelagglutinations- (TPPA-) und der Treponema pallidum-Hämagglutinations-(TPHA-)Test. Beide Tests liefern im Prinzip vergleichbare Ergebnisse. Bei Anwendung verschiedener Testprodukte können sich jedoch Titerdifferenzen von mehreren Verdünnungsstufen ergeben. Aus den Ringversuchen zur externen Qualitätskontrolle geht hervor, dass die Titer auch bei Anwendung des gleichen Tests von Labor zu Labor erheblich abweichen können. Daher sollten Titerkontrollen bei diesen Tests nach Möglichkeit immer im gleichen Labor erfolgen. Zunehmend werden alternative Syphilis-Suchtests basierend auf rekombinanten Treponemenantigenen in der Routinediagnostik eingesetzt. Diese polyvalenten Enzym- oder Chemilumineszenzassays sind hinsichtlich Sensitivität und Spezifität dem TPPA- und TPHA-Test vergleichbar. Nur für die Detektion von niedrig positiven Antikörperrestbefunden (Seronarben) scheinen TPPA- und TPHA-Test etwas empfindlicher zu reagieren (Abb. 7).

Schnelltest

Für die in jüngster Zeit zunehmend propagierten Syphilis-Schnelltests sind sichere Aussagen zur Sensitivität noch nicht möglich. Von den Fachgremien, z.B. der Deutschen STI-Gesellschaft, dem RKI oder dem Paul-Ehrlich-Institutes aber auch von der WHO werden  Syphilis-Schnelltests nicht empfohlen.

Serkonversion

Abb. 8  Serologischer Verlauf der Syphilis
Abb. 8  Serologischer Verlauf der Syphilis

Die Syphilis-Suchtests werden ca. 2-3 Wochen nach der Infektion positiv, und bleiben nachfolgend in der Regel über viele Jahre, meist lebenslang positiv. Nur bei sehr frühzeitiger Therapie können die treponemenspezifischen Antikörper auch wieder unter die Nachweisgrenze absinken (Abb. 8).

Weltweit als Syphilis-Bestätigungstest akzeptiert ist der Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorptions-(FTA-ABS-)Test. Alternativ werden von Routinelabors Immunoblots eingesetzt. Hier ist aber ebenfalls die Sensitivität nicht immer ausreichend mit der Folge, dass positive Suchtest-Befunde auch als unspezifisch fehlinterpretiert werden können. Nach den neueren Diagnostikempfehlungen können bei TPPA-/TPHA-Screening auch Immunoassays und vice versa bei Immunoassay-Screening auch der TPPA-/TPHA-Test als Bestätigungstests angewendet werden. Dies hat den Vorteil, dass auch bei Screening mit EIA oder Chemilumineszenzassays nachfolgend der TPPA-/TPHA-Titer bestimmt werden kann, was für die Befundinterpretation hilfreich ist. Sind Such- und Bestätigungstest positiv, gilt die als Nachweis einer spezifischen Immunantwort gegen T. pallidum unabhängig vom möglich Infektionsstadium.

Beurteilung der Aktivität

Als Parameter für die Beurteilung der Aktivität und ggf. Behandlungsbedürftigkeit der durch Such- und Bestätigungstest gesicherten Infektion sollen die erregerspezifischen IgM-Antikörper (19S-IgM-FTA-ABS-Test, IgM-Immunoblot, IgM-EIA) und die nichtspezifischen Lipoidantikörper (VDRL, RPR, Cardiolipin-KBR) quantitativ bestimmt  werden. Spezifische IgM- und nichttreponemale Lipoidantikörper sind nicht als Alternative sondern als sich ergänzende Untersuchungsverfahren zu sehen. Der RPR-(Rapid-Plasma-Reagin-)Test ist eine Modifikation des VDRL-Tests. Die mit beiden Verfahren ermittelten Titer sind vergleichbar. Mit der Cardiolipin-KBR ergeben sich in der Regel höhere Titerwerte. Die Bewertungsvorschläge für Lipoidantikörpertiter beziehen sich weltweit auf den VDRL- bzw. RPR-Test, nicht aber auf die Cardiolipin-KBR.

Bei der Syphilis-Erstinfektion finden sich frühzeitig hohe IgM-Antikörpertiter bei initial noch negativem Lipoidantikörperbefund. Bei spätlatenter Infektion und  Spätstadien der Syphilis kann der spezifische IgM-Antikörperbefund negativ sein, während Lipoidantikörper noch nachweisbar sind. Bei den heute relativ häufigen Syphilis-Reinfektionen finden sich in der Regel hohe Lipoidantikörpertiter, während der spezifische IgM-Antikörperbefund von negativ bis hochpositiv variieren kann. Der IgM-Antikörperbefund kann auch methodenabhängig unterschiedlich ausfallen. Im 19S-IgM-FTA-ABS-Test finden sich häufiger positive Befunde als im IgM-EIA und IgM-Immunoblot. Wichtig ist daran zu denken, dass ein negativer IgM-Antikörperbefund eine aktive behandlungsbedürftige Syphilis nicht grundsätzlich ausschließt! Der Laborbefund muss immer im Kontext mit der Anamnese und aktuellen Klinik des individuellen Patienten interpretiert werden.



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